19 Mai 2006

Und, schon nervös?

Wenn ich in den letzten drei Wochen jedes Mal 1 Euro bekommen hätte, wenn mich jemand "Und, schon nervös?" gefragt hat, dann wäre die Hochzeit inzwischen 2x bezahlt, ich müsste nie mehr arbeiten und außerdem wäre die Hochzeitstorte mit Blattgold belegt.

Leck mich fett!
Ich wette, eines Tages werden die Genom-Entschlüsseler feststellen, dass tief in unsere nukleotiden Sequenzen etwas eingebettet ist, dass bei Erblicken eines Bekannten, der bald heiratet, ein Befehl an die Sprachsteuerung ausgegeben wird, der sprachenadäquat entweder oben genanntes oder "Noch kannst du es dir überlegen, höhö..." ausgibt.
Das war nämlich der andere Satz, der ständig mein Ohr umschmeichelte.
Nicht, dass es irgendwann nerven würde.
Aber ich werde so was nie wieder sagen.
Einfach nur alles Gute wünschen.
Das ist es, was man als Heirater nämlich hören möchte.
Glückwünsche.
Ehrlich gemeinte Glückwünsche.

Aber, um allen die Spannung zu nehmen;
Nein, ich bin nicht nervös.
Warum nicht?
Aus drei einfachen Gründen.

Erstens bin ich innerlich bei so was immer ruhig, ich möchte ja möglichst viel bewusst erleben und mich daran erinnern können, nichts würde mich mehr ärgern, als wenn ich Jahre später sagen müsste "Nein, weiß ich nicht mehr so genau, da war ich zu unruhig und der Tag verging viel zu schnell".
Lieber alles in Ruhe genießen und bewusst in mich aufnehmen.

Zweitens wird der morgige Tag nur ein kleines Ereignis.
Es ist mein Ernst wenn ich sage, dass ich die Hochzeit vor dem Staat kaum Ernst nehme.
Dem Versprechen dort darf, wenn man es auf die staatliche inter-pares Wahrheitswaage legen würde, in etwa soviel Stichhaltigkeit beigemessen werden, wie einer im Wahlkampf vollkommen ausgeschlossenen Mehrwertsteuererhöhung.
Der Staat ist für mich (so wie er zurzeit agiert) einfach keine bindungsgebende und verpflichtende Eheinstitution.

Und drittens ändert sich morgen nichts an unserer Beziehung zueinander.
Und vermutlich auch nächste Woche nicht.
Ich werde Daniela nicht weniger oder mehr lieben, sie nicht weniger oder mehr ehren und sie auch nicht für weniger oder mehr einzigartig halten, bloß weil ich durch mein Wort oder eine Unterschrift gelobe (verspreche, mich vertraglich verpflichte, mich gesetzlich verpflichte) genau dies alles aber stets zu tun.
Und sie mich auch nicht.
Natürlich, es ist etwas anderes, wenn man sagen kann: Das ist meine Frau / das ist mein Mann.

Aber grade für uns, wo wir doch seit 14 Jahren, seit dem Ende der Kindheit, zusammen wachsen und erwachsen, uns lernen und lehren, uns vertrauen und anvertrauen, ist der Beginn der Ehe morgen...

... ja was eigentlich?

Nur eine Pflicht, die nun endlich fällig ist?
Ein Zwang etwas offiziell zu machen, was wir auch so schon tun?
Ein Schritt, den wir schon vor Jahren hätten machen sollen oder wollen?
Ein Tag mit dem wir feiern, dass wir ihn vollbringen?

Nein, ich denke, morgen ist etwas ganz anderes.

Das Ende vom Anfang.

Und ich freue mich darauf.